Sonntag, 03. März 2019, Bergische Volkshochschule, Wuppertal Elberfeld: „Antisemitismus –
der Erbende verarmt“ Gehört der Judenhass zu Deutschland? Podiumsdiskussion.

Es diskutieren mit Hinblick auf historische Dimension und aktuelle Relevanz Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche
im Rheinland; Martin Dreyfus, Schweizer Exilliteraturexperte und Buchhändler, Nachlassverwalter und Herausgeber der Werke von Walter Mehring, seit 2017 Mitglied des Stiftungsrates des Anne Frank Fonds, Basel; Rudolf Dreßler, der von 2000 bis 2005 als deutscher Botschafter in Israel tätig war; Sylvia Löhrmann, Politikerin und langjähriges Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken; Hamed Abdel Samad, deutsch-ägyptischer Politologe und Publizist.

Moderation: Marion von Haaren, WDR.
Einführung: Hajo Jahn, Journalist, Vorsitzender und Gründer der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft, der Initiatorin des Zentrums für
Verfolgte Künste (Solingen).

Der Antisemitismus

Gehört zur Erbschaft, eine Eigenschaft, die erblich, die man erbt. Ein Unvermögen. Ein Unvermögen, an dem der Erbende – verarmt. Oft nimmt dieses unechte Vermögen den ganzen beglückten fleischigen Cassenschrank des Erbenden ein, sein gut versiegeltes Herz oder es verschwendet so im Vorbeigehen mit seinen bleiernden Thalern bewerfend. Die Ärmsten die Unschuldigsten, die Wehrlosesten trifft so einen harten Schimpf –

Ich hatte mir vorgenommen überhaupt nicht mehr meine Empfindungen niederzuschreiben. Und doch wird zum Beispiel so ein lyrisches Gedicht von oben unsichtbar, unhörbar dir dem Dichter und mir ins Herz gegossen wie in eine Schaale. Verzaubert es und – beglückt still und den Rubin beseeligend. Man ehrte mein Gedicht und selten hat man gewagt mir anzubieten das schmutzige Geld. Man kann leider vorrübergehend eine Welt Menschen dafür kaufen, der Einzelne fühlt sich berechtigt sich sogar oft eine Straße zu kaufen. Ach wie oft hörte ich mit dem Ranzen auf den Rücken noch 8jährig zur Schule gehend aus höhnisch verzerrten Straßenkindern, »Jud, Jud, Jud, hast Speck gefressen etc –, spuck ut, spuck ut!«

Ich schlug mich jedesmal mit der Schaar, nicht ein Haar am Kopf blieb übrig.“

Else Lasker-Schüler: Der Antisemitismus. Manuskript: The National Library of Israel, Jerusalem. Else Lasker-Schüler Archive: Arc. Ms. Var. 501, 2:110.

bf.
Text und Bilder: Birte Fritsch für das Kulturbüro der Stadt Wuppertal | Creative Commons

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